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Bundestag beschließt Gesetz zur Umsetzung der EU-Umwandlungsrichtlinie (UmRUG)

Die EU-Umwandlungsrichtlinie führt europaweit einheitliche Regelungen ein, die erstmals den grenzüberschreitenden Formwechsel und die grenzüberschreitende Spaltung zulassen und die Regelungen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung reformieren. In seiner Sitzung am 20. Januar 2023 hat der Bundestag das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (UmRUG) beschlossen. Die nächste Sitzung des Bundesrates ist für den 10. Februar 2023 geplant, sodass mit dem Inkrafttreten des UmRUG Ende Februar 2023 gerechnet werden kann

Einleitung

Zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/2121 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 27. November 2019) in Deutschland hatte das Bundeskabinett am 5. Oktober 2022 den Regierungsentwurf des UmRUG sowie den Regierungsentwurf zur Umsetzung der Bestimmungen der Umwandlungsrichtlinie über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen (UmRMitbestG) beschlossen. Der Entwurf des UmRMitbestG war am 1. Dezember 2022 vom Bundestag gebilligt worden. Nachdem der Rechtsausschuss des Bundestages in seiner Beschlussempfehlung und seinem Bericht vom 5. Dezember 2022 eine geänderte Fassung des UmRUG vorschlug, sah es zunächst nach einer rechtzeitigen Verabschiedung des UmRUG zum 31. Januar 2023 aus (damit wäre die von der Umwandlungsrichtlinie vorgegebene Umsetzungsfrist gewahrt gewesen). Der Entwurf des UmRUG wurde vom Bundestag am 15. Dezember 2022 jedoch überraschenderweise einstimmig an den federführenden Rechtsausschuss zurücküberwiesen und die Abstimmung darüber abgesetzt. In seiner Sitzung am 20. Januar 2022 hat der Bundestag nunmehr das UmRUG mit einigen Änderungen beschlossen, die nachstehend unter Punkt B. näher erläutert werden sollen. Die nächste Sitzung des Bundesrates ist für den 10. Februar 2023 geplant, sodass mit dem Inkrafttreten des UmRUG voraussichtlich Ende Februar 2023 gerechnet werden kann.

Das UmRUG statuiert erstmalig einen Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Formwechsel und Spaltungen und novelliert das bestehende Verfahren für grenzüberschreitende Verschmelzungen. Das UmRMitbestG führt ein neues Gesetz (MgFSG) zur Umsetzung der Bestimmungen über die Arbeitnehmermitbestimmung für den grenzüberschreitenden Formwechsel und die grenzüberschreitende Spaltung ein und passt die bestehenden Bestimmungen des MgVG zur Mitbestimmung bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung an.

Überblick der wesentlichen Änderungen der finalen Fassung des UmRUG im Vergleich zum Regierungsentwurf

Im Vergleich zum Regierungsentwurf (sehen Sie dazu bitte den Überblick über die Eckpunkte des neuen Verfahrens nach dem UmRUG unter folgendem Link) haben sich in der finalen Fassung des UmRUG folgende wesentliche Änderungen ergeben:

Bezugspunkt der Monatsfrist für die Einreichung des Verschmelzungsplans

Der Regierungsentwurf sowie der derzeit noch geltende § 122d Satz 1 UmwG stellen für die Berechnung der Monatsfrist für die Einreichung des Verschmelzungsplans bzw. des Entwurfs zum Register für die Zwecke der Bekanntmachung desselben auf den geplanten Zeitpunkt der Versammlung der Anteilsinhaber ab, von dem ab zurückgerechnet der späteste Zeitpunkt für die Einreichung des Verschmelzungsplan zu bestimmen ist. Nach der vom Bundestag beschlossenen Fassung des § 308 Abs. 1 Satz 4 UmwG-E soll künftig hingegen die Versammlung der Anteilsinhaber frühestens einen Monat nach Bekanntmachung des Verschmelzungsplans erfolgen. Dies geht eher mit den Vorgaben von Art. 123 Abs. 1 Satz 1 UmwRL als der bisherige Regelungsvorschlag konform und trägt mehr dem Zweck der Regelung Rechnung, den Anteilsinhabern, Gläubigern und Arbeitnehmervertretern genügend Zeit für die Vorbereitung bzw. Kommentierung des Verschmelzungsbeschlusses zu geben, nachdem dieser bekanntgemacht worden ist.

Gläubigerschutz – Verfahrenskonzentration

Die Gläubiger (i) der übertragenden Gesellschaft im Rahmen der Verschmelzung (§ 314 UmwG-E), (ii) der übertragenden Gesellschaft im Rahmen der Spaltung (§§ 328 i.V.m. 314 UmwG-E) sowie (iii) der formwechselnden Gesellschaft im Rahmen des Formwechsels (§§ 341 i.V.m. 314 UmwG-E) können verlangen, dass ihnen Sicherheiten für ihre durch die Umwandlung gefährdeten noch nicht fälligen Forderungen gewährt werden. Während der Referentenentwurf noch eine Verfahrenskonzentration in Form einer ausschließlichen Zuständigkeit des Registergerichts am Handelsregister für die Entscheidung über den Antrag der Gläubiger auf Sicherheitsleistung vorsah, wurde diese durch den Regierungsentwurf gestrichen, da die Handelsregister hierfür nicht als geeignet und mit hinreichenden Personal ausgestattet angesehen wurden. Nach dem Regierungsentwurf hätte der Anspruch auf Sicherheitsleistung bei dem nach allgemeinen Regeln zivilprozessrechtlich zuständigen Gericht glaubhaft gemacht werden müssen. Dies barg jedoch das Risiko einer Vielzahl von Prozessen an unterschiedlichen Gerichten, die einem einheitlichen Lebenssachverhalt unterliegen. Deshalb sieht die nunmehr vom Bundestag beschlossene Fassung des § 314 Abs. 5 UmwG-E (ggf. i.V.m. § 328 UmwG-E oder § 341 UmwG-E) zu Recht eine Verfahrenskonzentration in Form einer ausschließlichen örtlichen Zuständigkeit bei dem Amts- oder Landgericht (abhängig vom Streitwert) vor, dessen Bezirk das für die Erteilung der Vorabbescheinigung zuständige Registergericht angehört.

Ferner ist nunmehr vorgesehen, dass das für die Entscheidung über den Gläubigerantrag zuständige Gericht dem Registergericht auf dessen Anforderung mitzuteilen hat, ob ein Antrag auf Gewährung von Sicherheiten fristgerecht gestellt wurde (§§ 315 Abs. 5; 329 Satz 1 i.V.m. 315 Abs. 5; 342 Abs. 5 UmwG-E). Für die Dauer des Antragsverfahrens bezüglich der Sicherheitengewährung beim zuständigen Gericht besteht eine Registersperre für die Eintragung der umwandlungsrechtlichen Maßnahme (§ 316 Abs. 2 Satz 3 UmwG-E ggf. i.V.m. § 329 Satz 1 UmwG-E oder § 343 Abs. 2 Satz 3 UmwG-E). Aufgrund dieses Auskunftsrechts des Registergerichts entfällt die bislang vom Regierungsentwurf vorgesehene Versicherung durch die Mitglieder des Leitungsorgans der übertragenden bzw. formwechselnden Gesellschaft, dass keine Sicherheitsleistung gerichtlich geltend gemacht wurde.

Nähere Konturierung der Missbrauchsprüfung

Die als Novum in der deutschen Registerpraxis für die drei grenzüberschreitenden Umwandlungsvarianten (§§ 316 Abs. 3; 329 Satz 1; 343 Abs. 3 UmwG-E) vorgesehene Missbrauchsprüfung wird durch Regelbeispiele in dem Gesetzestext der finalen Fassung des UmRUG näher konturiert. Danach liegen gemäß §§ 316 Abs. 3 Satz 4; 329 Satz 1 i.V.m. 316 Abs. 3 Satz 4; 343 Abs. 3 Satz 4 UmwG-E Anhaltspunkte für missbräuchliche oder betrügerische Zwecke vor, wenn

  1. ein durchzuführendes Verhandlungsverfahren über die Arbeitnehmermitbestimmung erst auf Aufforderung des Gerichts eingeleitet worden ist;
  2. die Zahl der Arbeitnehmer mindestens vier Fünftel des für die Anwendbarkeit der Unternehmensmitbestimmung maßgeblichen Schwellenwerts beträgt, im Zielland keine Wertschöpfung erbracht wird und der Verwaltungssitz in Deutschland verbleibt;
  3. eine ausländische Gesellschaft durch die grenzüberschreitende Umwandlungsmaßnahme Schuldnerin von Betriebsrenten oder Betriebsanwartschaften sein wird und kein anderweitiges operatives Geschäft haben wird.

Liegen diese Anhaltspunkte vor, so ist das Registergericht gemäß der Gesetzesbegründung verpflichtet, eine Missbrauchsprüfung vorzunehmen. Darüber hinaus können gemäß dem Amtsermittlungsgrundsatz vom Registergericht auch weitere Anhaltspunkte außerhalb des UmwG berücksichtigt werden, die für bzw. gegen einen Missbrauchsfall sprechen.

Ferner wurde nun die Möglichkeit der Hinzuziehung von Gewerkschaftsvertretern für die Zwecke der Missbrauchsprüfung vorgesehen (§§ 317 Satz 1 Nr. 5; 329 Satz 1 i.V.m. 317 Satz 1 Nr. 5; 344 Satz 1 Nr. 5 UmwG-E). Diese Anhörung erfolgt jedoch nur im Rahmen der Missbrauchsprüfung und darf nicht als generelles Mitwirkungsrecht verstanden werden. Schließlich dürfen etwaige weitere an dem Verfahren beteiligte öffentliche Stellen dem für die Ausstellung der Verschmelzungsbescheinigung zuständigen Gericht etwaige für die Missbrauchsprüfung relevante Informationen übermitteln (§§ 317 Satz 2; 329 Satz 1 i.V.m. 317 Satz 2; 344 Satz 2 UmwG-E).

BRIS und Personenhandelsgesellschaften

In §§ 318 Abs. 4, 330 Abs. 2 UmwG-E wurde klargestellt, dass der Tag des Wirksamwerdens der grenzüberschreitenden Verschmelzung bzw. grenzüberschreitenden Spaltung über das Europäische System der Registervernetzung (Business Registers Interconnection System – BRIS) durch das für die übernehmende bzw. neue Gesellschaft zuständige Gericht den übrigen beteiligten (Register)Gerichten mitzuteilen ist. Diese Änderung ist Ausfluss der Digitalisierungsrichtlinie RL (EU) 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Änderung der RL (EU) 2017/1132 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht ("Digitalisierungsrichtlinie"), welche ebenfalls Teil des Company Law Package ist. Der Anwendungsbereich der Digitalisierungsrichtlinie sowie die technische Umsetzung über das BRIS nach der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1042 Abschnitt 6.2.3.2. ist jedoch auf Kapitalgesellschaften beschränkt. Daher sind bei Beteiligung von Personenhandelsgesellschaften an grenzüberschreitenden Umwandlungen separate Nachweise über die Eintragung der Verschmelzung außerhalb des BRIS zu übermitteln (§ 318 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Satz 2 UmwG-E).

Übergangsvorschrift

Die in § 355 UmwG-E enthaltene Übergangsvorschrift knüpfte ursprünglich an den 31. Januar 2023 an, was nun durch einen Platzhalter "Tag nach der Verkündung" ersetzt wurde. Gemäß § 355 Abs. 1 UmwG-E kann eine Verschmelzung, eine Spaltung oder ein Formwechsel nach dem aktuell noch geltenden Regelungsregime des UmwG durchgeführt werden, wenn (i) der Verschmelzungsvertrag oder der Spaltungs- und Übernahmevertrag vor dem Stichtag geschlossen, der Verschmelzungs- oder Spaltungsplan vor dem vorstehend genannten Stichtag aufgestellt oder der Formwechselbeschluss als Umwandlungsbeschluss vor diesem Stichtag gefasst wurde und (ii) die Umwandlung bis zum 31. Dezember 2023 zur Eintragung angemeldet wurde.

Fazit und Ausblick

Grundsätzlich sind die finalen Anpassungen des UmRUG zu begrüßen, da diese ein transaktionsfreundlicheres Umfeld für die Mobilität von Gesellschaften in der EU schaffen.

Die Konturierung der Missbrauchsprüfung schafft mehr Klarheit, was nun Eingang im Gesetzestext gefunden hat und nicht nur wie bislang in der Gesetzesbegründung dargelegt war. Ebenfalls trägt die erneut eingeführte Verfahrenskonzentration in Form einer ausschließlichen örtlichen Zuständigkeit des (Zivilprozess-)Gerichts in Kombination mit der Nachfragemöglichkeit des Registergerichts nicht nur dem umfassenden Gläubigerschutz, sondern auch der Erleichterung des Umwandlungsverfahrens Rechnung.

Insgesamt lässt sich jedoch nicht in Abrede stellen, dass die gesamten Neuregelungen des UmRUG das Verfahren des grenzüberschreitenden Formwechsels und teilweise für die grenzüberschreitende Verschmelzung im Vergleich zur derzeitigen Rechtslage komplexer und zeitlich aufwendiger werden lassen. Im Falle akut eilbedürftiger grenzüberschreitender Umwandlungen kann es daher gegebenenfalls empfehlenswert sein, die geplante Übergangsvorschrift des § 355 Abs. 1 UmwG-E zu nutzen, die als Stichtag vermutlich auf Ende Februar 2023 abstellen wird.

 

Verfasst von Dr. Tim Oliver Brandi, LL.M. (Columbia) und Dr. Mike Karl Schmidt

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