Viertes Corona-Steuerhilfegesetz
Wie seine Vorgänger bezweckt auch (die Gesetzesvorlage für) das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz die Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie. Die Gesetzesvorlage ist am 19. Mai 2022 in 2. und 3. Lesung durch den Bundestag angenommen worden, die Zustimmung des Bundesrats steht noch aus. Die Gesetzesvorlage enthält im Wesentlichen die Verlängerung verschiedener steuerlicher Maßnahmen:
- So wird die bisher bis zum 31.12.2021 befristete steuerliche Förderung für Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld bis zum 30.06.2022 verlängert (§ 3 Nr. 28a EStG‑E).
- Ebenfalls wird die Möglichkeit zu degressiven Abschreibungen um ein Jahr verlängert, d.h. auch im Jahr 2022 hergestellte oder angeschaffte bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens können steuerbegünstigt abgeschrieben werden (§ 7 Abs. 2 EStG‑E).
- Abgeschafft wird die steuerbilanzielle Abzinsung von Verbindlichkeiten nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG und zwar im Grundsatz für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2022 enden, auf Antrag ggf. auch für frühere Wirtschaftsjahre.
- Die Homeoffice-Pauschale wird bis Ende 2022 verlängert. Es können weiterhin EUR 5 pro Homeoffice-Arbeitstag und maximal EUR 600 jährlich als Werbungskosten geltend machen werden (§ 52 Abs. 6 S. 15 EStG‑E).
- In zweifacher Hinsicht werden steuerliche Investitionsfristen verlängert: Zunächst wird die Frist für steuerliche Investitionsabzugsbeträge i.S.v. § 7g EStG, die in 2022 auslaufen würde, um ein weiteres Jahr verlängert (§ 52 Abs. 16, S. 3 bis 5 EStG‑E). Ebenfalls um ein Jahr verlängert wird die Frist für Reinvestitionen i.S.v. § 6b EStG (§ 52 Abs. 14, S. 4 bis 6 EStG‑E).
- Die Steuerklärungsfrist in beratenen Fällen (Abweichungen gelten für Land- und Forstwirte) soll für den Veranlagungszeitraum 2020 bis 31.08.2022 verlängert werden, für 2021 bis 31.08.2023, für 2022 bis 31.07.2024, für 2023 bis 31. Mai 2025 und für 2024 bis 30.04.2026. Auch die zinsfreie Karenzzeit für Erstattungs- und Nachzahlungszinsen sowie der Zeitraum für die Anpassung von Vorauszahlungen auf die Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer sollen entsprechend verlängert werden.
- Die Anhebung des Höchstbetrags für den einkommensteuerlichen Verlustrücktrag soll auch für die Jahre 2022 und 2023 (EUR 10 Mio. bzw. EUR 20 Mio. bei Zusammenveranlagung) beibehalten werden. Erst ab Veranlagungszeitraum 2024 sollen wieder die (alten) Höchstbeträge von EUR 1 Mio. bzw. EUR 2 Mio. gelten. Verluste, die ab Veranlagungszeitraum 2022 entstehen, sollen nicht nur in das Vorjahr, sondern in die beiden unmittelbar vorangegangenen Jahre zurückgetragen werden können (§ 10d Abs. 1 S. 3 EStG‑E). Das Wahlrecht teilweise auf einen Verlustrücktrag zu verzichten (gem. § 10d Abs. 1 S. 5 und 6 EStG a.F.) ist hingegen entfallen. Die Regelungen gelten bei Inkrafttreten des Gesetzes in entsprechender Weise auch für die Körperschaftsteuer.
- Steuerfrei sind Leistungen von bis zu EUR 4.500 die unter weiteren Voraussetzungen im Zeitraum vom 18.11.2021 bis zum 31.12.2022 zur Anerkennung von besonderen Leistungen während der Corona-Krise an Personen ausgezahlt werden, die in bestimmten Einrichtungen des Gesundheitswesens tätig sind bzw. waren (§ 3 Nr. 11b EStG‑E; „Pflegebonus“).
Steuerentlastungsgesetz
Aus dem Steuerentlastungsgesetz 2022 ergeben sich, jeweils rückwirkend ab dem 1. Januar 2022, insbesondere folgende Maßnahmen:
- Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrags von EUR 1.000 auf EUR 1.200,
- Anhebung des Grundfreibetrags von EUR 9.984 auf EUR 10.347, und
- Anhebung der Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungskilometer von EUR 0,35 auf EUR 0,38.
Zur vorgesehenen Energiepreispauschale sogleich.
Energiepreispauschale
Über die einmalige Energiepreispauschale i.H.v. EUR 300 möchte der Bund zur Entlastung der Bevölkerung mit Blick auf die stark gestiegenen Energiepreise beitragen. Die Auszahlung an Arbeitnehmer erfolgt im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens. Die Energiepreispauschale ist steuerpflichtig, aber sozialabgabenfrei, wodurch verstärkt kleine und mittlere Einkommen unterstützt werden sollen. Hierzu stellen sich für die Unternehmen einige Fragen, welche Pflichten sie im Hinblick auf ihre Mitarbeitenden haben:
- An wen ist die Pauschale zu zahlen? Soweit Unternehmen eine Lohnsteuer-Anmeldung abgeben, haben sie die Energiepreispauschale grundsätzlich an alle Mitarbeitenden auszahlen, zu denen sie am 01.09.2022 in einem gegenwärtigen ersten Dienstverhältnis stehen, die in die Steuerklassen I bis V eingeordnet sind oder unter bestimmten Voraussetzungen pauschal besteuerten Arbeitslohn beziehen. Einschränkungen nach der Art der Beschäftigung (Befristung, Teilzeit) sind nicht vorgesehen. Auch Personen in Mutterschutz sowie kurzfristig oder geringfügig Beschäftigte sind anspruchsberechtigt. Soweit geringfügig Beschäftigte pauschal besteuert werden, müssen sie schriftlich bestätigen, dass es sich um das erste Dienstverhältnis handelt, um Missbrauch zu vermeiden. Die Bestätigung ist zum Lohnkonto zu nehmen. Mitarbeitende, die am Stichtag in keinem Arbeitsverhältnis stehen, können die Energiepreispauschale über die Einkommensteuererklärung 2022 beantragen. Nicht anspruchsberechtigt sind Personen ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, da diese nicht von den gestiegenen Energiepreisen hierzulande betroffen sind.
- Wer zahlt die Energiepreispauschale an die Mitarbeitenden? Wenn die dargestellten Voraussetzungen erfüllt sind, zahlt das Unternehmen an seine Mitarbeitenden den sich aus den EUR 300 ergebenden Nettobetrag und die hierauf anfallende Lohnsteuer wird an das Finanzamt abgeführt. Hierdurch sollen Personen mit kleinen und mittleren Einkommen stärker unterstützt werden.
- Wie erfolgt der finanzielle Ausgleich für die Unternehmen? Die Unternehmen sollen die Energiepreispauschale nicht wirtschaftlich tragen, sondern zahlen diese nur aus. Eine Refinanzierung erfolgt aus dem Lohnsteueraufkommen. Die Unternehmen entnehmen die Pauschale vom Gesamtbetrag der einzubehaltenden Lohnsteuer, d.h. sie führen in diesem Umfang weniger Lohnsteuer an das Finanzamt ab. Mit Rücksicht auf unterschiedliche Lohnsteuer-Anmeldungszeiträume führt das zu drei Möglichkeiten: Bei monatlicher Lohnsteuer-Anmeldung ist die Energiepreispauschale entsprechend des Anmeldezeitraumes bis zum 10.09.2022 dem abzuführenden Gesamtbetrag zu entnehmen. Bei quartalsweiser Anmeldung gilt Entsprechendes für den 10.10.2022. Bei jährlicher Lohnsteuer-Anmeldung ist der 10.01.2023 der maßgebliche Stichtag. Sollte die auszuzahlende Pauschale den abzuführenden Gesamtbetrag überschreiten, wird der Differenzbetrag vom Betriebsstättenfinanzamt erstattet.
- Wann erfolgt die Auszahlung an die Mitarbeitenden? Im Grundsatz ist die Auszahlung an die Mitarbeitenden im September 2022 vorgesehen. Abweichendes kann sich abhängig vom Rhythmus der Lohnsteuer-Anmeldung ergeben, wodurch Liquiditätsprobleme vermieden werden sollen. Bei quartalsweiser Lohnsteuer-Anmeldung kann die Auszahlung somit auch noch im Oktober 2022 erfolgen. Bei einer Jahresanmeldung können Arbeitgebende gar auf eine Auszahlung verzichten und die Mitarbeitenden auf Geltendmachung im Rahmen der Einkommensteuererklärung für 2022 verweisen.
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Wie erfolgt die technische Abwicklung? Zur technischen Abwicklung im Lohnsteuerabzugsverfahren enthält das Gesetz wenig Konkretes. So ist in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für das laufende Jahr die Energiepreispauschale mit „E“ zu kennzeichnen, damit mögliche Doppelzahlungen leichter erkennbar sind. Der Gesetzesbegründung kann zusätzlich entnommen werden, dass die Energiepreispauschale in der jeweiligen Lohnsteueranmeldung (zu statistischen Zwecken) mit einer zusätzlichen Kennzahl aufgeführt werden wird. Es ist zu hoffen, dass die Anbieter der Abrechnungsprogramme hierzu rechtzeitig Updates entwickeln und einspielen können.
Fazit
Erfreulicherweise reagiert der Gesetzgeber auf die angespannte wirtschaftliche Lage. Die steuerlichen Entlastungspakete schreiben viel Bekanntes fort. Ein gewisser Aufwand ist zu erwarten, weil einzelne Änderungen rückwirkend in Kraft treten und zu Nachberechnungen führen werden. Den Abrechnungsaufwand für die Energiepreispauschale wälzt der Gesetzgeber auf die Unternehmen ab. Es bleibt zu hoffen, dass die Anbieter der Abrechnungsprogramme rechtzeitig Updates entwickeln und einspielen können und sich der Aufwand, insbesondere für die Unternehmen, dadurch in Grenzen halten wird.
Verfasst von Dr. Lars Mohnke und Dr. Marius Plum.