"Sprache ist der Schlüssel zu allem."

Unser Förderprojekt Debate It! geht in eine neue Runde. Im Interview erzählen Schirmherrin Sabine Reimann und Mentor Alex-Christian Lesch, was es mit dem Projekt auf sich hat und warum ihnen die Zusammenarbeit mit Schüler*innen wichtig ist.

1. Was ist Debate It! und seit wann gibt es das Projekt?

Sabine Reimann: Debate It! ist ein Programm für junge Menschen, das die Fähigkeit fördern soll, mit guten Argumenten sachlich und fair zu diskutieren. Während meiner Tätigkeit in unserem Londoner Büro bin ich auf eine abgewandelte Form dieses Projekts gestoßen. 2014 habe ich dieses zunächst als Pilotprojekt in Düsseldorf gestartet. Inzwischen haben wir in Düsseldorf, Frankfurt und München unser Debate-It! Programm circa 15 Mal mit verschiedenen Schulen durchgeführt. Ziel ist es, Schüler*innen der 9. Klassen das Debattieren näher zu bringen. In jedem Durchgang schulen wir Schüler*innen an zwei verschiedenen Schulen, die am Ende des Kurses zum Finale in unserer Kanzlei empfangen werden. Die Schüler*innen beider Schulen treten vor einer aus Mandantenvertretern besetzen Jury gegeneinander an und präsentieren das Gelernte in einer Debatte zu einem vorher ausgelosten Thema. Selbstverständlich sind Preise – unter anderem Geld für die Klassenkasse zu gewinnen.  Außerdem erhalten alle Schüler*innen  von uns ein Teilnahmezertifikat.

2. Welche Idee steckt dahinter?

Alex Christian Lesch: Sprache ist der Schlüssel zu allem. Wer gut argumentieren und seine Meinung vertreten kann, kommt weiter in der Schule, in der Ausbildung, im Beruf und im Leben. Unsere Anwält*innen haben alle eine sehr gute Ausbildung genossen und in ihrer Kindheit und Jugend gute Startbedingungen gehabt . Wir möchten daher etwas zurückgeben und junge Menschen ermutigen, ihre Ausbildungschancen voll auszuschöpfen. In unserem Projekt wollen wir neben kommunikativen Fähigkeiten auch zeigen, dass jeder der sich anstrengt, im Leben weiterkommen kann. Wir wollen Wertschätzung und Perspektiven vermitteln. Umso mehr freut es uns zu sehen, dass die Schüler*innen oft in ihrer Persönlichkeitsentwicklung sehr von dem Projekt profitieren. Dies gilt aber nicht nur für die Schüler*innen. Unser Projekt wird pro Durchgang von vier Mentor*innen, in der Regel Hogan Lovells Jurist*innen, begleitet, die oft ebenfalls viel Neues über verschiedene Kulturen und Religionen sowie andere Lebensumstände lernen. 

   

Sabine Reimann startete 2014 das Pilotprojekt Debate It! in Düsseldorf. Alex Christian Lesch ist schon lange als Mentor dabei. 

3. Nach welchen Kriterien werden die Bewerberschulen ausgesucht?

Sabine Reimann: Wir suchen gezielt Schulen, die mit "Extras" nicht verwöhnt sind oder wo Sprachförderung ein Thema ist. Das kann eine Schule mit einem hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund sein oder eine Schule mit anderen sozialen Herausforderungen. Unsere Partnerschulen sind vor allem integrierte Gesamtschulen und Realschulen. 

4. Wie sehen die Workshops an den Schulen konkret aus?

Sabine Reimann: Jede Schule entscheidet selbst, ob sie das Projekt als Teil des regulären Unterrichts oder separates Projekt durchführen möchte. Das Projekt umfasst zehn Einheiten à 90 Minuten. Inhaltich fokussieren wir uns einerseits auf die Vermittlung des sprachlichen Rahmens einer Debatte, andererseits auf die inhaltlich-sachliche Diskussion. Im ersten Teil soll der Wortschatz der Schüler*innen um Satzbausteine erweitert werden, mit denen man Fragen aufwirft, auf gegnerische Argumente eingeht, eigene Argumente vorstellt oder sein Fazit einleitet. Dies wird mit Mini-Debatten geübt, in denen es nicht unbedingt auf die Argumente ankommt, sondern darauf, den erlernten Wortschatz anzuwenden. 

Alex-Christian Lesch: Im zweiten Teil geht es um die Entwicklung der Fähigkeit, Argumente zu einem bisher unbekannten, oft politischen Thema des aktuellen Zeitgeschehens zu finden, Quellen richtig auszuwerten und sich mit Pro- und Contra-Argumenten auseinander zu setzen. Dabei lernen die Schüler*innen die Anwendung der immer wiederkehrenden Muster einer Diskussion an völlig unterschiedlichen Themen. Dies können Themen wie das Handyverbot an Schulen, Alkoholverbot bis 18, aber auch COVID-19 bedingte Einschränkungen sein. Am Ende soll beides – die sprachlichen Fähigkeiten und das Finden von Argumenten – verbunden werden, so dass sich die Schüler*innen einen argumentativen Schlagabtausch liefern können. 

5. Wie sind die Reaktionen der Schülerinnen und Schüler?

Alex-Christian Lesch: Nach meist anfänglicher Zurückhaltung öffnen sich die jungen Menschen recht schnell für die Ratschläge und Hinweise unserer Mentor*innen. Häufig finden die Schüler*innen schnell Selbstvertrauen beim Diskutieren, sprechen überlegter und aus eigener Überzeugung. Es entsteht oft eine Gruppendynamik, die alle dazu anhält, "dran zu bleiben". Viele Schüler*innen sind auch motiviert, insgesamt mehr für die Schule zu tun. 

Das Finale 2019 in Düsseldorf mit zwei Schulklassen der Adolph-Kolping-Schule aus Köln.

6. Gibt es ein Erlebnis, das Ihnen ganz besonders in Erinnerung geblieben ist?

Sabine Reimann: Das besondere Highlight ist natürlich das Finale und die gelöste Stimmung nach dem Abschluss. Besonders freut uns, dass unsere Mentor*innen in der Regel zu den Abschlussfahrten eingeladen werden. Obwohl die Klasse auch außerhalb von Debate It! jeden Tag zusammen ist, merkt man bei der Abschlussveranstaltung, dass das gemeinsame Ziel die Klasse zusammengeschweißt hat. 

7. Auf was freuen Sie sich bei der neuen Runde am meisten? 

Sabine Reimann: Jede neue Runde ist etwas Besonderes. Wir sind selbst aufgeregt und gespannt auf die Jugendlichen und die Arbeit mit den Teams. Besonders schön ist es, Fortschritte bei den Schüler*innen zu sehen und insbesondere die Momente, in denen die Schüler*innen selbst ihre Fortschritte bemerken. Das beste Beispiel sind hier oft die eher schüchternen Schüler*innen, die sich zunächst nicht trauen, ihre Argumente vor einer schweigenden Klasse vorzutragen, sich dann aber einen Ruck geben und danach wesentlich aktiver an der Veranstaltung teilnehmen.

Alex Christian Lesch: Es ist fast vergleichbar mit einem Turmspringer, der minutenlang auf dem Brett steht, sich erst nicht traut zu springen, aber nach dem ersten Sprung die Angst verliert und dann immer wieder springt.

Vielen Dank für das Interview!


Engagement vor Ort