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In München unterstützen wir im Rahmen unserer Pro-Bono-Beratung die Refugee Law Clinic Munich e.V. (RLCM) mit Trainings und Workshops. Im Interview berichten unsere Associates Sarah Zucht und Simon Ingenbleek sowie Yining Zhang, Luise Hornung und Felix Deser von der RLCM über den Einsatz der Studierenden für Geflüchtete und über das Engagement von Hogan Lovells.
Was ist die Refugee Law Clinic (RLC) und seit wann gibt es die Initiative?
Felix Deser: Das Prinzip der studentischen Rechtsberatung durch sogenannte „Law Clinics“ kam ursprünglich aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum, hat sich jedoch mittlerweile auch in Europa verbreitet. Das Ziel ist die Eröffnung rechtlicher Unterstützung für sozial benachteiligte Gruppen, worauf sich diverse Law Clinics in verschiedenen Rechtsgebieten spezialisiert haben. So haben sich die Refugee Law Clinics (RLCs) zum Großteil auf das Asyl- und Aufenthaltsrecht fokussiert, wobei einige auch Unterstützung im sozialrechtlichen Bereich bieten.
Die erste RLC entstand im Jahr 2007 in Gießen, woraufhin nach und nach auch andere Städte folgten. Mittlerweile gibt es deutschlandweit Refugee Law Clinics. So wurde in München im November 2013 der Refugee Law Clinic Munich e.V. (RLCM) gegründet.
Yining Zhang: Die RLCM ist ein studentischer, eingetragener Verein, der sich zum Ziel gesetzt hat, Geflüchteten kostenlose Rechtsberatung im Bereich des Ausländerrechts zu bieten. Unser Ziel ist es, den Geflüchteten ein faires Asylverfahren zu bieten und dem hohen Beratungsbedarf gerecht zu werden. Gleichzeitig möchten wir es Studierenden ermöglichen, ihr Wissen praktisch anzuwenden. Daher bietet die RLCM jährlich ein umfassendes Ausbildungsprogramm im Bereich Asyl- und Aufenthaltsrecht für neue Berater*innen an.
Seit wann engagiert sich Hogan Lovells für die RLCM und was bieten wir im Rahmen dieses Programms?
Sarah Zucht: Im Rahmen unserer Pro-Bono-Beratung begleiten wir die RLCM seit dem Jahr 2015. Zum Ausbildungsprogramm der RLCM tragen wir vor allem in Form unseres jährlichen Beratungsworkshops bei, den wir in 2021 bereits zum sechsten Mal in den Räumlichkeiten der Kanzlei durchgeführt haben. Bei dieser Veranstaltung vermitteln wir anhand eines Vortrags und eines umfassenden Falltrainings sowohl theoretische als auch praktische Kenntnisse, die für das spätere Beratungsgespräch einen großen Mehrwert liefern können. Hierzu zählen insbesondere Soft-Skills, Grundlagen der Gesprächsführung und Fragetechniken. Daneben stehen wir über das Jahr hinweg auch für sonstige Fragen der RLCM zur Verfügung und möchten diese als professioneller Ansprechpartner unterstützen.
In einem gemeinsamen Workshop lernten die Studierenden Gesprächstechniken für die Beratungsgespräche mit Geflüchteten.
Bei welchen Themen benötigen Flüchtlinge am häufigsten rechtliche Unterstützung?
Luise Hornung: Viele unserer Beratungssuchenden kommen wegen verfahrensrechtlicher Fragen bezüglich ihres Asylgesuchs zu uns. Häufig sehen wir Asylbewerber*innen mit Negativbescheiden, die gerne ihre weiteren Möglichkeiten abwägen und nächste Schritte in Erfahrung bringen möchten.
Welche persönlichen Tipps gibt Hogan Lovells den Studierenden für die Beratungsgespräche mit?
Simon Ingenbleek: Aus unserer Sicht ist es besonders wichtig, auf die individuellen Bedürfnisse der ratsuchenden Person einzugehen, aufmerksam zuzuhören und sich gegebenenfalls Notizen zu machen. Die Beratenden sollten das Gespräch mit Selbstvertrauen aufnehmen, vor unbekannten Fragestellungen nicht zurückschrecken und versuchen, sich so gut wie möglich in die Situation des Gegenüber hineinzuversetzen. Hierzu zählt insbesondere Fachbegriffe zu erläutern, in angemessenem Tempo zu sprechen und jederzeit Rückfragen zu ermöglichen. Die Studierenden bringen insoweit jedoch hervorragende Vorkenntnisse mit, sodass unser Workshop vorrangig zur Übung und zum Feinschliff der bisherigen Fähigkeiten dient.
Sarah Zucht und Simon Ingenbleek unterstützen als Mentoren die Refugee Law Clinic Munich e.V. (RLCM).
Hat sich in der Coronapandemie die Situation für Geflüchtete erschwert, vor allem in Bezug auf rechtliche Fragestellungen?
Luise Hornung: Aus unserer Beratungsperspektive konnten wir beobachten, dass neben den allgemeinen Unsicherheiten, die mit der Pandemie einhergingen, unsere Klient*innen vor allem erheblich längere Wartezeiten bei den Behörden in Kauf nehmen mussten, da diese ihre Präsenz-Kapazitäten stark zurückfuhren. Problematisch ist dies vor allem, da eine Vielzahl auf ständige Kooperation angewiesen sind, zum Beispiel zur Verlängerung des Aufenthalts, einer Duldung oder der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
Felix Deser: Die Betroffenen waren so neben den pandemisch bedingten Einschränkungen, die zum Beispiel für Asylbewerber*innen in Unterkünften um eine Vielzahl intensiver wahrgenommen werden, auch in ihren Integrationsbemühungen, zum Beispiel bei der Suche nach einem Job, einer Ausbildung oder einer Wohnung, erheblich eingeschränkt.
Gibt es einen Beratungsfall, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Yining Zhang: Besonders in Erinnerung geblieben sind mir zwei Jungs aus Sierra Leone, die eine Ausbildung zum Altenpfleger aufnehmen wollten und dafür eine Ausbildungsduldung beantragt hatten. Trotz ihres jungen Alters und einer traumatischen Fluchtgeschichte blieben sie dennoch stets optimistisch und waren sehr darauf bedacht, sich in der Gesellschaft, die sie aufgenommen hatte, mit vollem Tatendrang einzubringen. Das hat mich schon schwer beeindruckt.
Vielen Dank für das Interview.