Unser interaktiver AI Hub informiert über die neuesten Trends und Entwicklungen.
Der bevorstehende Jahreswechsel bringt mehr Änderungen für die betriebliche Altersversorgung (bAV) mit sich als in vergangenen Jahren. Es sind vor allem die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die auch zu aufwändigen Änderungen in der bAV führen.
Zum 1. Januar 2022 sinkt der Höchstrechnungszins für Versicherungsverträge – der sog. Garantiezins – von 0,9 % auf 0,25 %. Viele Versicherer bieten gar keine Versicherungen mit Garantiezins mehr an. Das bedeutet, dass die Unternehmen keine Garantie mehr dafür erhalten, dass in der bAV zumindest die Summe der eingezahlten Beiträge als Mindestleistung wieder ausgezahlt wird. Eine Versicherung kann ein Minusgeschäft sein. Das ist deshalb ein Risiko für den Arbeitgeber, weil er für die zugesagte Versorgungsleistung einstehen muss, wenn die Versicherungsleistung nicht ausreichen sollte, um alle Verpflichtungen zu erfüllen (§ 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG).
Das betrifft in erster Linie die Beitragszusage mit Mindestleistung (BZML). Dabei verpflichtet sich der Arbeitgeber, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der bAV an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zu zahlen. Die Versorgungsleistungen müssen sich mindestens aus der Summe der eingezahlten Beiträge ergeben, allerdings abzüglich der Kosten für eine Risikoabsicherung (d.h. Invalidität oder Todesfall). Wäre die Versorgungsleistung niedriger als diese Beitragssumme, müsste der Arbeitgeber die Differenz ausgleichen. Das ist im Gesetz klar geregelt.
In der ähnlichen beitragsorientierten Leistungszusage (BOLZ) ist nicht ganz so eindeutig, ob eine bestimmte Mindestleistung vorgeschrieben ist. Auch hier zahlt der Arbeitgeber Beiträge, die in eine Anwartschaft auf bAV umgewandelt werden. Während in der BZML die Beiträge zunächst in einem "Topf" gesammelt werden, werden in der BOLZ unmittelbar bei Einzahlung die Beiträge in Anwartschaften umgerechnet. Viele Versicherer stehen auf dem Standpunkt, dass es ausreicht, wenn am Ende 80 % der eingezahlten Beiträge garantiert sind. Ein Minusgeschäft würde also zu Lasten der Arbeitnehmer gehen und erst unterhalb dieses Schwellenwertes müsste der Arbeitgeber einspringen. Doch rechtlich geklärt ist diese Frage nicht. Auch eine Mindestleistung in Höhe der Beitragssumme oder sogar eine Mindestverzinsung ist denkbar.
Jedenfalls eine BZML sollte ab dem 1. Januar 2022 nicht mehr erteilt werden. Bestehende Versorgungszusagen sind vorher zu ändern oder ganz zu schließen. Soweit Versorgungszusagen Garantien aussprechen, ist zu prüfen, ob diese mit dem gewählten Versicherungstarif weiterhin finanziert werden. Wenn der Versicherer nicht mehr dasselbe Garantieniveau anbieten kann, sollte entweder ein anderes Versicherungsprodukt zur Finanzierung verwendet werden oder die Versorgungszusage angepasst werden, damit das Nachfinanzierungsrisiko für den Arbeitgeber ausgeschlossen ist.
Ab 2022 müssen Unternehmen allen Arbeitnehmern einen Zuschuss zur Entgeltumwandlung gewähren, wenn die Entgeltumwandlung über eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds durchgeführt wird (§ 1a Abs. 1a BetrAVG). Bereits seit 2019 war dieser Zuschuss solchen Arbeitnehmern zu gewähren, die eine neue Entgeltumwandlung begonnen haben.
Der Zuschuss beläuft sich auf 15 % des umgewandelten Betrages, ist aber beschränkt auf die Ersparnis von Sozialversicherungsbeiträgen, die sich für den Arbeitgeber aus der sozialversicherungsfreien Entgeltumwandlung ergibt. Nur Tarifverträge können von dieser Zuschusspflicht befreien. Unternehmen müssen entscheiden, ob sie die Begrenzung des Zuschusses auf die tatsächliche Ersparnis umsetzen wollen.
Wurden schon vor dem gesetzlichen Zuschuss freiwillig Zuschüsse zur Entgeltumwandlung gewährt, können diese auf den gesetzlichen Zuschuss angerechnet werden. Auch dann, wenn der freiwillige Zuschuss nicht an eine Ersparnis der Sozialversicherungsbeiträge geknüpft war und damit – anders als der gesetzliche Zuschuss – nicht (nur) die Weitergabe der Ersparnis vorsah, sollte eine solche Anrechnung möglich sein. Denn auch dann wird ein Anreiz für die Entgeltumwandlung durch Zuschuss geschaffen. Die Zuschüsse mit demselben Zweck können verrechnet werden. Eine rein arbeitgeberfinanzierte bAV entbindet dagegen nicht von der Pflicht, zu einer Entgeltumwandlung den Zuschuss zu gewähren. Doch könnte man in Erwägung ziehen, die Arbeitgeberleistung zu kürzen, indem in der Versorgungsordnung für die arbeitgeberfinanzierte bAV eine Anrechnungsregelung aufgenommen wird.
In älteren Versicherungsverträgen akzeptieren die Versicherer jedoch keine Erhöhungen der Beiträge mehr. Auch hier wirkt sich die Niedrigzinsphase aus. Daher muss ein anderer Weg gefunden werden, wie der Zuschuss gezahlt werden kann. Dies kann ein neuer Versicherungstarif sein oder sogar ein ganz anderer Versicherer. In der Praxis wird der Beitrag oft so aufgeteilt, dass in der Summe aus Umwandlungsbetrag und Zuschuss der Beitrag in unveränderter Höhe weitergezahlt werden kann. Hierfür ist allerdings eine Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer erforderlich, weil dessen Umwandlungsbetrag reduziert wird.
Zum 1. Januar 2022 sinkt die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung von € 7.100 im Monat auf € 7.050 im Monat. Dies wirkt sich auf Höchstgrenzen und Schwellenwerte in der bAV aus:
Dies gilt für Beschäftigte in Ost und West gleichermaßen, da für die bAV die Beitragsbemessungsgrenze (West) maßgeblich ist.
Die neuen steuer- und beitragsrechtlichen Grenzen zwingen zur Umstellung in der Abrechnung. Entweder müssen die Arbeitgeber die Versteuerung und Verbeitragung in der bAV anpassen, oder die Höhe der Beiträge ist entsprechend anzupassen. Für letzteres ist eine arbeitsrechtliche Regelung (im Regelfall eine Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer) zu treffen, Anpassungen mit dem externen Versorgungsträger (z.B. Versicherer oder Pensionskassen) sind abzustimmen und die Zahlungen anzupassen.
Wird bereits seit 2019 ein Arbeitgeberzuschuss abhängig von der Ersparnis von Sozialversicherungsbeiträgen gezahlt, ist auch dieser ggf. anzupassen. Dabei wirkt sich auch die abgesenkte Beitragsbemessungsgrenze in der Arbeitslosenversicherung aus. Denn der Arbeitgeberzuschuss kann auf die Ersparnis beschränkt sein, wenn der Arbeitsverdienst die Beitragsbemessungsgrenze übersteigt. Wenn sich infolge der Absenkung der Beitragsbemessungsgrenzen eine geringere Ersparnis für den Arbeitgeber ergibt, ist auch der Arbeitgeberzuschuss anzupassen.
Zum Jahreswechsel stehen in der bAV zwar keine revolutionären gesetzlichen Neuerungen bevor. Stattdessen wird es darum gehen, Versicherungen und Abrechnung der bAV an geänderte Rahmenbedingungen anzupassen. Abgesenkte Garantiezinsen, Zuschuss des Arbeitgebers und neue steuer- und sozialversicherungsrechtliche Grenzen müssen umgesetzt werden. Der Aufwand darf nicht unterschätzt werden und muss jetzt angegangen werden:
Verfasst von Thomas Frank.