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Die Inflation steigt und damit auch die Indexmieten. Lag der Mittelwert der Inflation vor Beginn der Ukrainekrise noch bei 1,37 % p.a., betrug die Inflationsrate nunmehr im Juni 6,4 % im Vergleich zum Vorjahresmonat. Wer einen Indexmietvertrag unterschrieben hat, muss mit einer deutlichen Mieterhöhung rechnen.
Die Mietanpassungen in Indexmietverträgen richten sich nicht nach starren Vorgaben wie es bei einer Staffelmiete der Fall ist, sondern sind an die Entwicklungen eines amtlich festgestellten Indexes geknüpft. In der Regel wird hierfür auf dem vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Verbraucherpreisindex zurückgegriffen, welcher monatlich die durchschnittliche Preisentwicklung bestimmter Waren und Dienstleistungen misst, die private Haushalte in Deutschland für Konsumzwecke erwerben.
Die durchschnittliche Indexveränderung des Verbraucherpreisindexes entspricht dabei der Inflationsrate, auch Teuerungsrate genannt. Sollten die Verbraucherpreise sinken, so führt die Indexierungsregelung dazu, dass sich auch die Miete reduziert. Steigt der Index hingegen, wird auch die Miete entsprechend nach oben angepasst. Die Indexierung führt insofern zu einem Inflationsausgleich bei den Mietzahlungen und sichert somit auch den Werterhalt der Immobilie.
In Mietverträgen häufig anzutreffen sind Indexierungsregelungen, die eine Mietanpassung im gleichen Verhältnis wie die über den Bezugszeitraum eingetretene Indexveränderung vorsehen.
Als Bezugszeitraum wird dabei vielfach auf das Kalender- bzw. Mietjahr abgestellt. Möglich und ebenfalls in der Praxis anzutreffen, ist jedoch auch die Vereinbarung eines abweichenden Bezugszeitraums (z. B. alle 2 Jahre) und eines Schwellenwerts (z. B. 5%), dessen Überschreitung die Voraussetzung für eine indexierungsbedingte Mietanpassung ist. Um dem Mieter in der Anfangsphase seines Mietverhältnisses zu unterstützen und ihm eine Kalkulationssicherheit bezüglich der Mietzahlungen zu geben, können die Parteien überdies eine indexierungsfreie Zeit ab Mietbeginn für einen bestimmten Zeitraum vereinbaren. Die Indexierung der Miete beginnt dann erst nach Ablauf dieser Karenzzeit.
Den vorstehenden Regelungsmöglichkeiten ist gemein, dass sie zu keiner Einschränkung in Bezug auf die Höhe der indexierungsbedingten Mietanpassung führen. Klauseln, welche die Mietanpassung aufgrund der Indexveränderung nur eingeschränkt weitergeben (z. B. in Höhe von 75 %), sind aufgrund der derzeit hohen Teuerungsrate jedoch zunehmend am Markt anzutreffen. Möglich ist in diesem Zusammenhang auch die Vereinbarung eines Stufenmodells, welche eine vollständige Weitergabe der Indexierung bis zu einem bestimmten Cap (z. B. 100%ige Indexierung bis zu einer Indexveränderung von 5%) und eine anschließende eingeschränkte Weitergabe der über das Cap hinausgehenden Indexveränderung vorsieht (z. B. 70%ige Indexierung in Bezug auf die das Cap übersteigende Indexveränderung).
Teilweise versuchen Marktteilnehmer, die aktuell hohe Inflation durch die Auswahl eines anderen Indexes als den Verbraucherpreisindex in den Griff zu bekommen. Hierbei ist jedoch Vorsicht geboten. Nach dem Preisklauselgesetz sind Preisklauseln zulässig, wenn diese auf einen von dem Statistischen Bundesamt oder Landesamt ermittelten Preisindex der Gesamtlebenshaltung oder einem Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaft ermittelten Verbraucherpreisindex basieren. Wählen die Parteien nun bspw. den vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Verbraucherpreisindex ohne Energie, sind Zweifel daran angebracht, ob dieser noch die Gesamtlebenshaltungskosten im Sinne des Preisklauselgesetzes abbildet. Wird ein unzulässiger Index von den Parteien zum Gegenstand der Wertsicherungsklausel gemacht, ergibt sich die Rechtsfolge aus § 8 des Preisklauselgesetzes – bis zur gerichtlichen Feststellung des Verstoßes gegen die Vorgaben des Preisklauselgesetzes ist die Indexierungsregelung wirksam, soweit die Parteien nicht eine frühere Unwirksamkeit vereinbart haben.
Vor dem Hintergrund der aktuell hohen Teuerungsrate wurde diskutiert, die Index-Mieterhöhungen in Zukunft zu deckeln. Vor allem Mietervereine forderten ein Eingreifen der Politik und warnten vor dem Abschluss solcher Mietverträge. Der Deutsche Mieterbund verlangte sogar ein temporäres Verbot von Indexmieten bei Neuverträgen.
Eine im Dezember 2022 vom rot-grünen Hamburger Senat vorgebrachte Initiative zur Begrenzung des Anstiegs auf maximal 3,5 % jährlich fand in der Bundesratssitzung jedoch nicht die erforderliche Mehrheit. Der Forderung nach einer Begrenzung der Indexmieten haben sich zwischenzeitlich zumindest auch Teile der SPD-Fraktion auf Bundesebene angeschlossen. Ein politischer Konsens mit der erforderlichen Mehrheit zur Initiierung einer Indexmietenbremse ist jedoch derzeit nicht absehbar.
Nach dem Grundsatz pacta sunt servanda sind die Parteien an den Inhalt des Mietvertrages gebunden. Eine Vertragsanpassung ist aber gemäß § 313 BGB möglich, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Mietvertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend geändert haben, die Parteien den Vertrag so nicht geschlossen hätten und das Festhalten am Vertrag unzumutbar erscheint.
Inflationäre Störungen lassen sich zwar als wirtschaftlicher Umstand der „großen Geschäftsgrundlage“ zurechnen, aufgrund des Ausnahmecharakters der Vorschrift legt der BGH allerdings einen strengen Maßstab an die Unzumutbarkeit an. Eine Anpassung komme danach nur in Betracht, wenn der unveränderte Vertrag zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbaren Folgen führe.
Aus diesem Grund wird in aller Regel keine Notwendigkeit der Vertragsanpassung bestehen, da die Indexklausel genau ihren vertraglichen Zweck erfüllt - nämlich die Anpassung an die Lebenshaltungskosten. Das Risiko einer starken Erhöhung liegt dann beim Schuldner der Mietzahlung (mithin dem Mieter), der sich zuvor freiwillig dazu entschlossen hat, den Indexmietvertrag zu unterschreiben.
Daneben können Umstände nur beachtlich sein, wenn sie zuvor unvorhersehbar waren und folglich von den Parteien nicht einkalkuliert werden konnten. Zwar hat vor dem 24. Februar 2022 kaum jemand mit einem russischen Angriffskrieg und der seitdem bestehenden Krise gerechnet, seit der Hyperinflation des Ersten Weltkrieges sowie des Ölpreisschocks in den 70ern gelten Risiken von erheblichen Geldwertschwankungen aber als grundsätzlich vorhersehbar. So hat auch der BGH in vergangenen Urteilen vor der jetzigen Krise entschieden, in denen die Inflationsrate sogar noch weit höher lag.
Es gibt aber auch Stimmen in der Literatur, die eine Anpassung für möglich halten. Zwar könne dies nicht für den gewöhnlichen Kaufkraftverlust gelten, aber gerade bei extremen Inflationsschüben nach längerer Geldwertstabilität müsse eine Anpassung in Betracht kommen. Es bleibt also abzuwarten, ob der BGH an seiner Rechtsprechung festhält oder ebenfalls die Anwendung von § 313 BGB für Indexmietverträge fortan in Betracht zieht.
Verfasst von André Lohde, Merle Girgenrath,