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Seit dem 1.1.2022 ist der Arbeitgeber verpflichtet, einen Zuschuss zur Entgeltumwandlung zu zahlen. Er muss 15% des umgewandelten Entgelts zusätzlich zahlen, soweit er durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart, allerdings nur bei einer Entgeltumwandlung in eine Direktversicherung, eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds. Tarifverträge oder bereits gewährte Beiträge zur Altersversorgung können die Verpflichtung des Arbeitgebers aber unter Umständen reduzieren. Vor dem Hintergrund zweier Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts muss der Ausschluss und die Anrechnung von Zuschüssen neu bewertet werden. Der Beitrag wurde erstmals in der BetrAV 05/2022, Seite 361 ff. veröffentlicht.
Durch Tarifvertrag kann der gesetzliche Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung gemäß § 1a Abs. 1a BetrAVG (nachfolgend: gesetzl. AG-Zuschuss) ausgeschlossen werden. Dies gilt allerdings nicht für den Zuschuss zu einer reinen Beitragszusage gemäß § 23 Abs. 2 BetrAVG (§ 19 Abs. 1 BetrAVG).
Das BAG verlangt, dass ein Tarifvertrag, der den gesetzl. AG-Zuschuss ausschließt, selbst eine eigenständige und abschließende Regelung zur Entgeltumwandlung enthält. Insoweit weiche ein solcher Tarifvertrag von den gesetzlichen Vorgaben ab und schließe den gesetzl. AG-Zuschuss aus. Dafür sei erforderlich, dass ein Tarifvertrag eine von § 1a Abs. 1a BetrAVG abweichende Verteilung des wirtschaftlichen Nutzens und der Lasten der Entgeltumwandlung enthalte1. Unerheblich sei, ob die tarifvertragliche Regelung günstiger oder ungünstiger als der gesetzl. AG-Zuschuss sei2.
Ob der Tarifvertrag eine eigenständige und abschließende Regelung schafft, die den gesetzl. AG-Zuschuss ausschließt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Dafür sprechen nach Ansicht des BAG folgende Kriterien3:
Die vorstehenden Kriterien müssen nicht kumulativ vorliegen. Die Kriterien sind jeweils für sich Indizien für den Ausschluss des gesetzl. AG-Zuschusses.
Ist die Entgeltumwandlung nur kurz geregelt, z.B. als Öffnungsklausel zur Umwandlung tarifvertraglichen Entgelts in einem Manteltarifvertrag, oder wird in einem eigenständigen Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung gar keine Förderung der Entgeltumwandlung geregelt, gibt der Wortlaut für die Auslegung wenig her. Doch auch eine kurze Vorschrift kann eine eigenständige und abschließende Regelung enthalten. Dies muss aber ausreichend klar sein4. Ein ausdrückliches Abweichen von § 1a Abs. 1a BetrAVG oder das Zitieren dieser Norm ist aber nicht erforderlich5.
Maßgeblich ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Allein die spätere Behauptung, die Tarifvertragsparteien hätten den Ausschluss gewollt, reicht daher nicht aus. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können6. Ergeben sich keine zweifelsfreien Auslegungsergebnisse, können weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend herangezogen werden7. Wenn im Rahmen der Tarifvertragsverhandlungen ein Arbeitgeberzuschuss diskutiert wurde, dieser aber nicht in den Tarifvertrag aufgenommen wird, spricht das für eine bewusste Ablehnung einer Förderung und damit auch für den Ausschluss des gesetzl. AG-Zuschusses.
Der Ausschluss kann sich auch aufgrund einer Verweisung ergeben, also insbesondere, wenn ein Haustarifvertrag auf einen Flächentarifvertrag verweist. Die Tarifvertragsparteien dürfen auf jeweils geltende andere tarifliche Vorschriften verweisen, sofern deren Geltungsbereich mit dem Geltungsbereich der verweisenden Tarifnorm in einem engen sachlichen Zusammenhang steht8. Auch eine arbeitsvertragliche Verweisung auf einen Tarifvertrag steht nach § 19 Abs. 2 BetrAVG einer normativen Bindung gleich.
Für den tarifvertraglichen Ausschluss des gesetzl. AG-Zuschusses nach den vorstehenden Kriterien kommt es auch darauf an, wann die ablösende Regelung geschaffen wurde. Verweist ein Haustarifvertrag auf einen älteren Flächentarifvertrag, dann ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Haustarifvertrages maßgeblich. Denn nur der Haustarifvertrag wirkt normativ und bei dessen Abschluss konnten die Tarifvertragsparteien unproblematisch die gesetzliche Entwicklung in ihre Entscheidungen einbeziehen9. Bei einer arbeitsvertraglichen Verweisung kommt es auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrages an, auf den verwiesen wird. Denn dieser gilt normativ und kann daher allein die Abweichung von § 1a Abs. 1a BetrAVG regeln.
Der gesetzl. AG-Zuschuss kann durch Tarifverträge ausgeschlossen werden, die nach dem Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG) am 1.1.201810 abgeschlossen worden sind11. Aber auch Tarifverträge, die vor dem 1.1.2018 abgeschlossen wurden, können einen (zukünftigen) gesetzl. AG-Zuschuss ausschließen12. In welchem Umfang vom Gesetz abgewichen werden darf, ist durch Auslegung der Öffnungsklausel zu ermitteln13. Die Öffnungsklausel in § 19 Abs. 1 BetrAVG überlässt den Tarifvertragsparteien die – auch zeitlich – uneingeschränkte Regelungsmacht über die Entgeltumwandlung nach § 1a Abs. 1a BetrAVG.
Tarifverträge wurden vor Inkrafttreten des BRSG auf Grundlage der Öffnungsklausel in § 17 Abs. 3 S. 1 BetrAVG in der bis 31.12.2017 geltenden Fassung abgeschlossen. Eine auf dieser Grundlage gefasste eigenständige und abschließende Regelung zur Entgeltumwandlung gilt weiterhin fort und verdrängt den gesetzl. AG-Zuschuss.
Nach der Gesetzesbegründung sollen auch ungünstigere Regelungen in Tarifverträgen, die vor Inkrafttreten des BRSG abgeschlossenen wurden, gültig bleiben14. Das bedeutet aber nur, dass der Arbeitnehmer neben dem gesetzl. AG-Zuschuss weiterhin einen tarifvertraglichen Anspruch auf einen zusätzlichen Beitrag hat. Daraus folgt noch nicht, dass der weiterhin noch gültige Tarifvertrag auch den gesetzl. AG-Zuschuss ausschließt15.
Doch durfte vor Inkrafttreten des BRSG der gesetzliche Anspruch auf Entgeltumwandlung nicht nur modifiziert, sondern komplett ausgeschlossen werden16. Daher erlaubte § 17 Abs. 3 S. 1 BetrAVG a.F. erst recht auch den – vorsorglichen – Ausschluss eines gesetzl. AG-Zuschusses. Die Regelungsmaterie17 „Entgeltumwandlung“ wurde vollständig zur Disposition der Tarifvertragsparteien gestellt. Einschränkende Vorgaben (wie z.B. in § 7 ArbZG) werden nicht gemacht. Wenn § 17 Abs. 3 S. 1 BetrAVG ein Abweichen von § 1a BetrAVG erlaubt, meint das nicht ein Abweichen von einer bestimmten Fassung des § 1a BetrAVG, sondern vom jeweils geltenden § 1a BetrAVG. Die Tarifvertragsparteien hatten daher eine umfassende Regelungsbefugnis zur Entgeltumwandlung. Ob die Tarifvertragsparteien überhaupt einen Regelungswillen über den Ausschluss eines zukünftigen gesetzl. AG-Zuschusses hatten, ist eine Frage der Auslegung des Tarifvertrags, nicht aber der Zulässigkeit einer solchen Regelung.
Die Öffnungsklausel in § 19 Abs. 1 BetrAVG trifft keine Neuregelung zur tariflichen Öffnungsklausel und damit gibt es keine zeitliche Einschränkung18. Ist ein neues Gesetz tarifdispositiv, bleiben die bereits geltenden Tarifverträge im Zweifel unberührt, denn der Tarifvorrang kommt sämtlichen Tarifvertragsnormen, also auch den bereits bestehenden, zugute. Eine Ausnahme gilt, wenn das neue Gesetz den Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien einschränkt und ein Tarifvertrag die durch das neue Gesetz festgelegten Grenzen der Tarifdispositivität überschreitet19. Eine zeitliche Einschränkung im Hinblick auf das Inkrafttreten des Tarifvertrags ist aber durch das BRSG nicht erfolgt.
Zwar hat das BAG vor gut einem halben Jahrhundert entschieden, von der Verlängerung der Kündigungsfristen bei längerer Betriebszugehörigkeit könne nur durch Tarifverträge abgewichen werden, die nach Inkrafttreten der entsprechenden gesetzlichen Vorschriften (§ 622 Abs. 2 S. 2 BGB in der ab 1.9.1969 geltenden Fassung) abgeschlossen wurden20. Dies beruhte aber auf einer konkreten Anwendungsanordnung in Art. 6 Abs. 2 Erstes Arbeitsrechtsbereinigungsgesetz21. Darin war ausdrücklich geregelt, dass ältere Tarifverträge nur die Grundkündigungsfristen für Arbeiter und Angestellte abweichend regeln durften. Abweichende Regelungen zu Verlängerung der Kündigungsfristen durch ältere Tarifverträge waren hingegen nicht vorgesehen. Zum BRSG fehlt hingegen eine solche Anwendungsanordnung. Dies spricht dafür, dass auch ältere Tarifverträge den gesetzl. AG-Zuschuss ausschließen können.
Auch § 19 Abs. 1 BetrAVG verweist wie schon die Vorgängernorm unverändert auf § 1a BetrAVG. Allein die Einführung des gesetzl. AG-Zuschusses hat nichts daran geändert, dass § 1a BetrAVG insgesamt durch die Tarifvertragsparteien geändert werden kann. Sowohl § 19 Abs. 1 BetrAVG als auch § 17 Abs. 3 S. 1 BetrAVG a.F. ermöglichen ein Abweichen von § 1a BetrAVG bis hin zum vollständigen Abbedingen22. Die Verlagerung des Tarifvorbehalts von § 17 Abs. 3 S. 1 BetrAVG a.F. in § 19 Abs. 1 BetrAVG ändert am Inhalt der Norm nichts. Der Wortlaut ist identisch. Es gibt daher keine zeitliche Zäsur in der Öffnungsklausel.
Auch die Umwandlung tarifvertraglicher Entgeltansprüche (gemäß § 20 Abs. 1 BetrAVG, vormals § 17 Abs. 5 BetrAVG a.F.) kann weiterhin auf Grundlage eines Tarifvertrags vor Inkrafttreten des BRSG erfolgen. Es gibt keinen Grund, dass für die Tariföffnung gemäß § 19 Abs. 1 BetrAVG anders als für die Tariföffnung gemäß § 20 Abs. 1 BetrAVG eine zeitliche Einschränkung gelten soll.
Schließlich wird der gesetzl. AG-Zuschuss erst seit dem 1.1.2022 auch für kollektivrechtliche Entgeltumwandlungsvereinbarungen gewährt, die vor dem 1. Januar 2019 abgeschlossen worden sind (§ 26a BetrAVG). Es gab eine Übergangszeit. Maßgebliche Entgeltumwandlungsvereinbarung ist die kollektive Abrede, also unter Umständen auch ein Tarifvertrag23. Bis zum 1.1.2022 sollten die Tarifvertragsparteien Zeit haben, das Regelwerk – falls gewünscht – anzupassen24. Danach gilt der Tarifvertrag aber weiter und die auf seiner Grundlage erfolgte Entgeltumwandlung wird fortgeführt. Gleichermaßen gelten auch Tarifverträge weiter, die den gesetzl. AG-Zuschuss ausschließen, weil dem BRSG insoweit keine Unterscheidung zu entnehmen ist und der Tarifvertrag (zur Umwandlung tarifvertraglichen Entgelts und zum Ausschluss des gesetzl. AG-Zuschusses) in der Praxis regelmäßig derselbe ist.
Ob die Tarifvertragsparteien einen gesetzl. AG-Zuschuss ausschließen wollten, wenn es einen solchen gar nicht gab, ist eine Frage der Auslegung des konkreten Tarifvertrags. Zwar setzt eine tarifrechtlich mögliche Abweichung von Gesetzesbestimmungen einen entsprechenden Regelungswillen der Tarifparteien voraus25. Daraus aber zu schließen, dass ein solcher Regelungswille vor dem Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossenen Tarifvertrag nicht bestehen könne26, führt zu weit. Selbst wenn ein gesetzl. AG-Zuschuss nicht existierte, kann es der Wille der Tarifvertragsparteien gewesen sein, eine eigenständige und abschließende tarifvertragliche Förderung zu schaffen.
Für die Auslegung ist entscheidend, ob die Tarifvertragsparteien die Pflicht zur Zahlung eines gesetzl. AG-Zuschusses bereits kannten oder kennen mussten. Am 31.5.2017 hat der gesetzl. AG-Zuschuss in der Beschlussempfehlung und im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales seinen Eingang ins BRSG gefunden27. Für Tarifverträge, die nach dem 31.5.2017 abgeschlossen wurden und werden, muss eine klare Aussage zum gesetzl. AG-Zuschuss getroffen werden. Auch wenn kein Zitiergebot gilt, ist doch anzuraten, eine ausdrückliche Regelung zum gesetzl. AG-Zuschuss aufzunehmen.
Aber auch schon vor dem 31.5.2017 kann ein Tarifvertrag den Regelungswillen der Tarifpartner zum Ausdruck bringen, dass es keine weitere oder andere Förderung der betrieblichen Altersversorgung geben soll als die tarifvertragliche. Mit den beschriebenen Auslegungskriterien ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu ermitteln. Entscheidend ist allein, ob eine eigenständige und abschließende Regelung nach Maßgabe der vorstehenden Kriterien geschaffen wurde.
Haben die Tarifvertragsparteien den Fall eines gesetzl. AG-Zuschusses nicht bedacht, kommt auch eine ergänzende Auslegung in Betracht. Tarifvertragliche Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung zugänglich, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Auslegung eines Tarifvertrags scheidet daher aus, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht. Voraussetzung für eine ergänzende Auslegung ist, dass entweder eine unbewusste Regelungslücke vorliegt oder eine Regelung nachträglich lückenhaft geworden ist. Dann kann eine Tariflücke geschlossen werden, wenn sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien ergeben28. Eine zu schließende Tariflücke ist infolge der Schaffung des gesetzl. AG-Zuschusses entstanden, wenn der Tarifvertrag dazu keine Regelung enthält29.
Bei einer ergänzenden Auslegung ist allerdings Zurückhaltung geboten. Die Tarifvertragsparteien haben in eigener Verantwortung darüber zu befinden, ob sie eine von ihnen geschaffene Ordnung beibehalten oder ändern. Solange sie daran festhalten, hat sich eine ergänzende Auslegung an dem bestehenden System und dessen Konzeption zu orientieren. Diese Möglichkeit scheidet aus, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum zur Lückenschließung bleibt und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen bleiben muss, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden30. Es ist daher sorgfältig zu prüfen, ob es tatsächlich Anhaltspunkt für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien gibt.
Schließt der Tarifvertrag den gesetzl. AG-Zuschuss nicht aus, kommt eine Anrechnung in Betracht. Aber auch in Systemen, die durch Betriebsvereinbarung oder individualvertraglich geregelt sind, stellt sich die Frage der Anrechnung. Wenn die Versorgungsordnung einen entsprechenden Anrechnungsvorbehalt enthält, kann eine doppelte Zahlung vermieden werden31. Ist hingegen kein Anrechnungsvorbehalt vorgesehen, ist die Auslegung der Versorgungsordnung entscheidend.
„Anrechnung“ bedeutet, dass der freiwillige Zuschuss aufgrund Tarifvertrags, Betriebsvereinbarung oder individualrechtlicher Regelung (nachfolgend: freiwilliger Zuschuss) gekürzt wird und stattdessen in dieser Höhe der gesetzl. AG-Zuschuss gewährt wird. Der gesetzl. AG-Zuschuss wird auf den freiwilligen Zuschuss angerechnet, nicht umgekehrt32.
Eine Kürzung des gesetzl. AG-Zuschusses, indem der freiwillige Zuschuss darauf angerechnet wird, ist nur bei einer tarifvertraglichen Regelung denkbar, weil diese den gesetzl. AG-Zuschuss ausschließen darf. Dann wird die Auslegung des Tarifvertrags aber regelmäßig zu dem Ergebnis kommen, dass der gesetzl. AG-Zuschuss nicht nur bis zur Höhe des tariflichen Beitrags ausgeschlossen ist, sondern vollständig33. Schließt der Tarifvertrag den gesetzl. AG-Zuschuss dagegen nicht aus, erfolgt die Anrechnung wie für einen Zuschuss durch Betriebsvereinbarung oder individualvertragliche Versorgungsregelung. Diese können den gesetzl. AG-Zuschuss nicht ausschließen (§ 19 Abs. 1 BetrAVG)34, weshalb im Wege einer Anrechnung allein der freiwillige Zuschuss gekürzt werden darf.
Ist der freiwillige Zuschuss niedriger als der gesetzl. AG-Zuschuss, entfällt er komplett und es wird nur der gesetzl. AG-Zuschuss gewährt. Ist der freiwillige Zuschuss höher als der gesetzl. AG-Zuschuss, ist der gesetzl. AG-Zuschuss zu zahlen und wird auf den freiwilligen Zuschuss angerechnet, wenn die Auslegung der Versorgungsordnung eine solche Anrechnung erlaubt. Der überschießende Teil des freiwilligen Zuschusses ist zusätzlich zu zahlen. Rechtlich wird der gesetzl. AG-Zuschuss nicht ausgeschlossen, ob er faktisch entfällt35 – weil ohnehin der freiwillige Zuschuss gezahlt würde –, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab36.
Im Ausgangspunkt spricht vieles dafür, dass eine Anrechnung zulässig ist. Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn Arbeitgeber einen zusätzlichen Zuschuss zur Entgeltumwandlung zu entrichten hätten, wenn sie die mit der Entgeltumwandlung verbundenen Einsparungen bereits an den Arbeitnehmer weitergegeben haben37. Doch wird man im Einzelfall prüfen müssen, ob nicht die konkrete Ausgestaltung des freiwilligen Zuschusses der Anrechnung entgegensteht38.
Für eine Anrechnung muss der freiwillige Zuschuss nicht – wie der gesetzl. AG-Zuschuss – an die Sozialversicherungsersparnis gekoppelt sein39. Die Sozialversicherungsersparnis mag zwar das Motiv für den Gesetzgeber gewesen sein. Dieses gesetzgeberische Motiv ist aber erfüllt, wenn ein freiwilliger Zuschuss gewährt wird, unabhängig davon, warum er gewährt wird. Ausreichend ist, wenn der freiwillige Zuschuss einen Anreiz bietet, Entgelt umzuwandeln40.
Zwar wird der Umfang des gesetzl. AG-Zuschusses durch die Sozialversicherungsersparnis umrissen und begrenzt. Wenn aber der Arbeitgeber dieser Verpflichtung bereits nachkommt, besteht kein Anlass, ihm weitere Verpflichtungen aufzuerlegen41. Unerheblich ist, aus welchem Grund der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nachkommt. Entscheidend ist der Anreiz für die Entgeltumwandlung, denn diese soll gefördert werden42. Ein anrechnungsfähiger Arbeitgeberzuschuss ist daher jede Zahlung, die der Arbeitgeber im Hinblick auf die Verwendung des Entgelts des Arbeitnehmers zum Zwecke der Bildung einer Altersversorgung zusätzlich zahlt. Es kommt nur darauf an, dass der Arbeitgeber diesen Anreiz erfüllt und damit den Förderzweck erfüllt, nicht, ob der Arbeitgeber das Motiv des Gesetzgebers erfüllen will43.
Die Anrechnung hängt auch nicht davon ab, ob der freiwillige Zuschuss – wie der gesetzl. AG-Zuschuss – als prozentualer Anteil des umgewandelten Betrags gewährt wird. Auch ein Zuschuss als Eurobetrag oder als Prozentsatz einer anderen Basis (z.B. Grundgehalt) unterliegt der Anrechnung. Der Zweck, Arbeitnehmer*innen beim Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung zu unterstützen, wird auch in diesen Fällen erreicht44. Aus diesem Grund kann auch ein Sockelbetrag als Anreiz dienen und damit anrechnungsfähig sein45.
Sonstige Arbeitgeberbeiträge pauschal von einer Anrechnung auszunehmen, greift zu kurz. Schließlich ist jeder freiwillige Zuschuss per se ein Arbeitgeberbeitrag46. Es kommt daher darauf an, wie ein Arbeitgeberbeitrag ausgestaltet ist. Daher können z.B. auch Matching-Beiträge47 oder hohe Arbeitgeberbeiträge im Verhältnis zum gesetzl. AG-Zuschuss oder auch Arbeitgeberbeiträge in Abhängigkeit des Grundgehalts anrechenbar sein. Auch dabei ist der Anreiz zur Entgeltumwandlung entscheidend und damit die Frage, ob der Arbeitgeberbeitrag den Zweck des gesetzl. AG-Zuschusses erfüllt.
Finanziert der Arbeitgeber eine Zusage, die mit der Entgeltumwandlung in keinem Zusammenhang steht, scheidet eine Anrechnung aus. Denn ein „Zuschuss“ setzt einen Arbeitnehmerbeitrag voraus48. Eine Anrechnung ist aber möglich, wenn zwischen der Zusage und der Entgeltumwandlung eine materielle Verknüpfung besteht. Diese muss nicht zwingend dergestalt sein, dass Arbeitgeberbeitrag und Arbeitnehmerbeitrag dieselbe Versorgungsleistung finanzieren49. Es wäre also z.B. möglich, einen Arbeitgeberbeitrag in eine Unterstützungskasse zu zahlen, wenn der Mitarbeiter zur Entgeltumwandlung eine Direktversicherung abschließt. Auch solche Systeme erfüllen den Zweck des gesetzl. AG-Zuschusses. Sie bieten einen Anreiz für die Entgeltumwandlung und fördern so die Altersvorsorge.
Zwar teilt der Anspruch aus § 1a Abs. 1a BetrAVG in der Abwicklung den Charakter des dem Anspruch zugrundeliegenden Versorgungsverhältnisses und dessen Abwicklung, weil der Zuschuss an den Pensionsfonds, die Pensionskasse oder die Direktversicherung weiterzuleiten ist, also an die im Versorgungsverhältnis vorgesehene Einrichtung50. Dies gilt aber nur für den gesetzl. AG-Zuschuss. Dem steht eine Anrechnung auf Zuschüsse an andere Einrichtungen nicht entgegen, welche den gesetzl. AG-Zuschuss selbst unberührt lässt.
Die Anrechnung hat zur Folge, dass statt der Regelungen zum freiwilligen Zuschuss die Vorschriften zum gesetzl. AG-Zuschuss Anwendung finden, soweit dieser an die Stelle des freiwilligen Zuschusses tritt. Für den gesetzl. AG-Zuschuss gelten die Regeln zur Entgeltumwandlung (vgl. § 1b Abs. 5 S. 1 BetrAVG)51. War dies für den freiwilligen Zuschuss in gleicher Weise vorgesehen, ergeben sich keine Unterschiede. Doch ist ein freiwilliger Zuschuss im Grundsatz eine Arbeitgeberleistung52, sodass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Zuschuss ändern können. Wird der freiwillige Zuschuss in einen anderen Durchführungsweg als den für die Entgeltumwandlung gezahlt, muss die Zahlung umgestellt werden, weil der gesetzl. AG-Zuschuss wie der Umwandlungsbetrag zu behandeln ist und Teil der insoweit bestehenden Verpflichtung wird53.
Um vom gesetzl. AG-Zuschuss abzuweichen, sollten Tarifverträge klare Regelungen schaffen. Insbesondere ist es ratsam klarzustellen, ob alte Tarifverträge aus der Zeit vor Einführung des gesetzl. AG-Zuschusses diesen tatsächlich ausschließen. Welcher Tarifvertrag tatsächlich eine eigenständige und abschließende Regelung enthält, muss die Auslegung ergeben, im Streitfall durch die Rechtsprechung. Es brächte daher eine zusätzliche Sicherheit für die Unternehmen, den Ausschluss explizit klarzustellen, wenn er denn in der Vergangenheit gewollt war.
Unternehmen können den gesetzl. AG-Zuschuss auf bereits gewährte freiwillige Zuschüsse anrechnen. Dabei ist allerdings im Einzelfall zu prüfen, ob sich dies auf die Rahmenbedingungen für den Zuschuss auswirkt, wenn auf den vormaligen freiwilligen Zuschuss als Arbeitgeberbeitrag dann die Vorschriften zur Entgeltumwandlung Anwendung finden. Eine solche Anrechnung sollte gegenüber den Arbeitnehmer*innen klar kommuniziert werden, damit ggf. die Änderung transparent ist.
Scheidet eine Anrechnung aus, könnte noch immer geprüft werden, ob in der Versorgungsregelung eine Anrechnungsvorschrift ergänzt werden kann, sodass dann doch eine Anrechnung möglich ist. Dies wäre zwar mit einem Eingriff in die Rechte der Versorgungsberechtigten verbunden, weil sie nicht mehr gesetzl. AG-Zuschuss und freiwilligen Zuschuss in voller Höhe erhielten. Ein solcher Eingriff muss die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes beachten. Der Eingriff lässt sich aber mit einer Anpassung an die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen rechtfertigen, sodass diese Grundsätze gewahrt wären54. Damit sollten sich die Unternehmen aber nicht zu viel Zeit lassen, weil andernfalls die Rahmenbedingungen nicht mehr „neu“ sind.